»Mein Name ist Tanja. Ich bin Tochter und Angehörige, ausgebildete OP-Schwester (OTA), ›Yoga und Krebs‹-Trainerin, Onkolotsin und arbeite im Bereich der Forschung (unter anderem für Krebsmedikamente). Privat ist der Krebs durch die Erkrankung meiner Mama in mein Leben getreten.Im Sommer 2019 begann meine Mama unter ständigem Nasenbluten und einer seltsamen Verfärbung am Nasenrücken zu leiden. Besorgt ging ich mit ihr zum HNO-Arzt, der uns sofort in die nächstgelegene Uniklinik überwies. Dort wurde schnell ein Plattenepithelkarzinom in der rechten Nasenhöhle diagnostiziert.Die vorgeschlagene Therapie war brutal und schonungslos: Amputation der Nase und anschließende Chemotherapie. Meine Mama war schockiert und völlig überfordert von der Schonungs- und Empathielosigkeit, mit der die Ärzte mit ihr kommunizierten. Obwohl ich durch meine Arbeit bereits Kontakt zu vielen Krebspatient:innen hatte, fühlte ich mich anfangs sehr hilf- und machtlos.
Doch ich entschied schnell, dass ich ein aktiver Teil der Behandlung meiner Mama sein wollte, und absolvierte, zu meinen bestehenden Kenntnissen, eine Zusatzausbildung zur Onkolotsin.Wir holten uns eine Zweitmeinung ein und entschieden uns gegen die Amputation und für eine Bestrahlung mit anschließender Chemotherapie. Gleich zu Beginn der Behandlung ließen wir, auf mein Drängen hin, einen Port einsetzen, um keine Zeit zu verlieren, falls die Nahrungsaufnahme zum Problem werden sollte. Oft können Patient:innen, die im HNO-Bereich bestrahlt werden, für längere Zeit keine feste Nahrung zu sich nehmen. Eine Ernährung über den Port kann in dieser Zeit eine wertvolle Unterstützung sein.Durch die Bestrahlung und anschließende Chemotherapie bildete sich der Tumor vollständig zurück. Mein Wissen über Therapie, Nachbehandlung und Begleitung war in dieser Zeit eine große Hilfe für meine Mama. Es gab nicht nur mir, sondern auch ihr als Patientin, viel Sicherheit und Selbstbestimmtheit in der Therapie. Der größte Vorteil war jedoch unser Mehrgenerationenhaus, in dem wir den Alltag, die Pflege und die Genesung gemeinsam mit meinen Kindern bewältigen konnten.Meine Mama war nach der Behandlung zwei Jahre tumorfrei und wir hatten nochmal eine schöne gemeinsame Zeit. Im April 2022 erhielten wir jedoch die Diagnose eines rezidivierenden Glioblastoms. Uns war leider sofort klar, was das bedeutete. Am 25. Juli 2022 verstarb meine Mama in unserem Beisein.Ich bin unendlich dankbar für unsere Familie, den Halt und die Unterstützung, die wir meiner Mama geben konnten, und auch für das Wissen, das ich mir aneignen konnte. Damit konnte ich nicht nur meiner Mama, sondern auch vielen anderen Krebspatient:innen helfen.Nach dem Tod meiner Mama habe ich erst einmal eine Pause in der direkten Unterstützung von Onkologiepatient:innen eingelegt, um selbst wieder Kraft zu bekommen. Und das ist auch okay so. Denn ich kann anderen nur helfen, wenn ich selbst in meiner eigenen Kraft bin.«