»Ich bin Banu, 43 Jahre alt, komme aus Hamburg und liebe meinen Job als Flugbegleiterin. Ich liebe das Leben, die Freiheit, das Reisen. Doch dann kam der Moment, der alles veränderte.
Damals im Jahr 2022, ich war grade 40 Jahre alt und meine eine letzte Vorsorgeuntersuchung lag erst drei Monate zurück, tastete ich eine kleine, harte Erbse in meiner rechten Brust. Sofort war da dieses mulmige Gefühl, denn meine Mutter war bereits an Brustkrebs verstorben. Ich wollte es noch nicht wahrhaben, aber irgendwo tief in mir drin wusste ich: Das ist nicht gut.
Ich bekam schnell einen Termin im Brustzentrum. Untersuchungen, Ultraschall, Biopsie. Und dann kam das Warten. Tage voller Unruhe, Angst, Hoffnung und der leisen Stimme im Kopf: Vielleicht ist es ja doch nichts.
Aber als die Ärztin mir das Ergebnis mitteilte, wusste ich schon Bescheid, bevor sie es aussprach. Ihr Blick verriet es.
›Wir können mit Sicherheit sagen, dass Sie Brustkrebs haben.‹
Mein Herz rutschte mir in die Magengrube. Alles drehte sich. Ich hörte ihre Worte, aber mein Kopf blieb bei einem einzigen: Krebs.
Ich werde sterben. Das war mein erster Gedanke. Ich sah mein Leben an mir vorbeiziehen. Ich war verzweifelt, fassungslos, hatte Angst. Ich war erstarrt. Die Tränen liefen mir übers Gesicht. Die Ärztin gab mir kurz Zeit, dann atmete ich tief durch.
Triple Negativ. Ein seltener und aggressiver Brustkrebs. Aber Sie sind jung, Sie sind fit, Sie sind hier in den besten Händen, sagte mir die Ärztin.
Von da an ging alles schnell. Viele Untersuchungen, Port-Implantation und dann – die Chemo.
Ich wusste, dass sie hart werden würde. Aber dass sie mich so zerlegen würde, darauf war ich nicht vorbereitet.
Die Übelkeit war brutal. Mein Körper fühlte sich fremd an, mein Kopf dröhnte, nachts war meine Bettwäsche schweißnass. Und dann, nach ein paar Wochen, begann es: Meine Haare fielen aus.
Erst waren es nur ein paar Strähnen. Dann ganze Büschel. Bis nichts mehr übrig war. Ich stand vor dem Spiegel und sah mich an. Und ich erkannte mich nicht mehr.
Ich fühlte mich nicht mehr wie eine Frau. Ich fühlte mich nicht mehr wie ich.
Meine Weiblichkeit war weg. Meine Haare, meine Wimpern, meine Augenbrauen – alles, was mich ausmachte, war verschwunden. Ich fühlte mich wie ein Neutrum. Einfach nach nichts.
Und als wäre das nicht genug, kam der nächste Schlag.
Ein Tumor auf meiner Nebenniere – ein Phäochromozytom. Eine tickende Zeitbombe, die Adrenalin in meinen Körper schleuderte und mein Herz in den Wahnsinn trieb. Die Chemo wurde abgebrochen, ich musste operiert werden.
Und dann, als ich dachte, schlimmer kann es nicht kommen: Medulläres Schilddrüsenkarzinom.
Noch ein Krebs. Wie viel soll ich noch aushalten? Ich saß da, völlig kraftlos, und dachte: Das war’s. Ich werde sterben. Aber dann kam er – dieser unbändige Lebenswille in mir. Ich dachte an meinen Sohn. Er braucht mich. Ich dachte an all die Dinge, die ich noch erleben wollte. An die Sonnenuntergänge, die Reisen, das Lachen mit Freunden.
Also kämpfte ich.
Ich machte weiter, Schritt für Schritt. OPs, Bestrahlung, noch mehr Chemo, Radiojodtherapie. Mein Körper war eine Großbaustelle, meine Seele müde. Ich hatte keine Zeit, das alles zu verarbeiten – ich musste funktionieren.
Und irgendwie habe ich es geschafft.
Heute stehe ich hier. Mit Narben, mit Geschichten und mit einer neuen Perspektive auf das Leben. Ich habe ein Buch geschrieben, so konnte ich mein Erlebtes und Durchlebtes verarbeiten und um anderen Mut zu machen. Um zu zeigen: Es geht weiter. Auch wenn du glaubst, es geht nicht mehr.
Und deshalb teile ich meine Geschichte. Damit du weißt: Du bist nicht allein. Ja, es wird hart. Verdammt hart. Es wird Tage geben, an denen du nicht mehr kannst. Aber dann machst du weiter. Hol dir Hilfe. Du musst diesen Weg nicht allein gehen. Gönn dir schöne Dinge, auch wenn alles schwer ist. Mach es dir so angenehm wie möglich. Und vor allem: Bleib nicht stehen. Geh weiter. Immer weiter.«