»Als ich 2022 erfuhr, dass ich mit 28 Darmkrebs habe, anstatt schwanger zu sein, wusste ich damit gar nicht viel anzufangen. Mein Weg zur Diagnose war steinig, denn ich wurde mehrfach mit einer Hämorrhoidensalbe und guten Empfehlungen vom Hausarzt nach Hause geschickt, obwohl ich regelmäßig Darmprobleme hatte, und zuletzt Blut im Stuhl fand. Manchmal ging ich so zügig zur Toilette, dass ich es kaum rechtzeitig geschafft habe.Ich habe dann selbst mit Nachdruck um eine Magen- und Darmspiegelung gebeten, da ich davon ausging eine schwere Unverträglichkeit zu haben. Ohne das wäre mein Darmkrebs vielleicht nicht im Frühstadium entdeckt worden.
Die eigentliche Reise ging erst los als im Krankenhaus der Tumor ziemlich nahe am Schließmuskel entfernt wurde. Danach war ich in schlechter Verfassung und musste not- operiert werden, weil mir ein Dünndarmstoma gelegt wurde. Leider hieß es dann im Laborbericht, dass mir noch eine dritte, schwere OP bevorstehen würde. Diese würde mich möglicherweise den Enddarm kosten, was bedeutet, dass ich lebenslange Stomaträgerin wäre. Es konnte zwar ein letztes Stück Enddarm erhalten bleiben, aber ich war körperlich und seelisch in einem ganz schlechten Zustand.
Während der Therapie befand ich mich durchgängig im Krankenhaus und tatsächlich haben mir die täglichen Abläufe, die Besuche meiner Lieben und die Zuwendung der Pfleger:innen und Ärzt:innen dabei geholfen die Situation durchzustehen.
Wenn ich damals von der ILCO e.V., einer Selbsthilfevereinigung für Stomaträger:innen und Menschen mit Darmkrebs und deren Angehörige, und Ärzt:innen so aufgeklärt gewesen wäre, wie ich es heute bin, hätte ich mein Stoma ein halbes Jahr später nicht zurückverlegen lassen. Heute habe ich einen Folgeschaden, der LARS-Syndrom* heißt. Dieses Syndrom ist ein Operationsfolgeschaden, der nach einer Rektumresektion und der Rückverlagerung des künstlichen Ausgangs auftreten kann. Infolgedessen kommt es zu Stuhlhalte- und Entleerungsstörungen, da der Enddarm als "Lager" nicht mehr vorhanden ist. Wenn ich kein Medikament hätte, das den Stuhl eindickt, würde ich permanent unter Durchfall leiden. Für mich bedeutet es persönlich, dass ich große Einschränkungen im täglichen Leben habe was Ernährung, Verdauung und Planung betrifft.Leider steht zum Thema Inkontinenz wenig in der medizinischen Verordnung, die für die Einstufung der Schwerbehinderung genutzt wird. Somit läuft meine befristete Schwerbehinderung Ende des Jahres aus. Im tagtäglichen Leben bedeutet dies aber dauerhafte Einschnitte.
Nach wie vor steht für mich weiterhin im Raum, ob ich langfristig mit einem künstlichen Darmausgang mehr Lebensqualität haben würde. Darüber spreche ich sehr offen im Podcast Lokus, wo wir auch Mutmachgeschichten von anderen Betroffenen teilen. Es geht uns auch darum alle Themen rund um den Darm zu enttabuisieren, daher mache ich mich auch stark dafür, dass die Vorsorge verjüngt wird und es publik wird, dass es Menschen gibt, die sehr jung an Darmkrebs erkranken. Lokus findet ihr auf Spotify, Amazon und Apple.
Aus meiner Erfahrung heraus kann ich abschließend nur raten, den eigenen Körper ernst zu nehmen und sich nicht abwimmeln zu lassen. Eine Diagnose bedeutet nicht gleich das Ende, sondern die Chance auf eine Besserung der Gesundheit.«
* »LARS« steht für »Low Anterior Resection Syndrome« und bezeichnet Beschwerden wie Stuhlhalte- und Stuhlentleerungsstörungen, die nach einer Operation und/oder Bestrahlung mit (Teil-) Entfernung des Mastdarms (Rektum) zusammenhängen.
Quelle: krebshilfe.de