
Ich heiße Toni und möchte meine Onko-Geschichte als Mutmacher erzählen.
Das Thema Onkologie kannte ich schon als Jugendliche: Meine jüngere Schwester hat damals den Kampf gegen ihren Gehirntumor verloren und passt seitdem von oben auf mich auf. 2019 die nächste Onko-Diagnose in der Familie: Meine Mutter erkrankte als Nichtraucherin an einem Lungenkarzinom. Und dann kam der 01. Juli 2021 – ein Donnerstag. Ich saß in Italien im Urlaub, im Auto, auf dem Weg nach Turin und wusste, dass der Befund meiner Biopsie bei meiner Frauenärztin vorliegt. Den Knoten hatte mein damaliger Freund Anfang Juni bei Rumblödeleien beim Zähneputzen ertastet. Es erfolgten Ultraschall, Mammographie und Biopsie. Schon zu Beginn des Urlaubes hatte ich den Knoten für den Fall des Falles ›Napoleon‹ getauft und ihm gesagt, dass er jetzt bitte den Abflug nach Elba machen kann, bevor er dann endgültig nach St. Helena verbannt wird.
Für mich folgten Klinikbesuche, Gespräche mit der Krankenkasse und dem Arbeitgeber. Nebenbei noch die Beerdigung meiner Mutter, am Todestag meiner Schwester. Ich blieb bei all dem positiv und machte mir meinen Plan! Meine kleine Schwester hat mir nämlich viel im Kampf gegen einen Tumor gezeigt und ist in der Zeit noch mehr zu meinem Vorbild geworden.
Bei beiden Chemoblöcken hielten sich die Nebenwirkungen in Grenzen und auch an meine Murmel hatte ich mich schnell gewöhnt. Eine Perücke hatte ich zwar, habe diese aber nie angezogen. Das ›once-in-a-lifetime-highlight‹ war an Halloween, als meine Murmel als mexikanische Katrina bemalt wurde. Zwischen den Jahren erfolgte die OP. Da ich kaum Wundwasser hatte, wurde es ein Kurzbesuch und ich konnte Silvester zuhause feiern.
Das Jahr 2022 begann sehr positiv, als ich die Nachricht bekam, dass ich TUMORZELLENFREI bin. Die Bestrahlung habe ich im Frühjahr gut geschafft und auch die Reha tat sehr gut. Privat gab es am Ostersonntag nochmal ein neues Kapitel, denn nach acht Jahren Beziehung werden mein Partner und ich getrennte Wege gehen. Auch hier weiß ich, dass ich das schaffen werde und das Leben mir ein neues Kapitel schenkt. Ostern ist die Auferstehung und somit ist es Zeit für neue Abenteuer.
Das erste Abenteuer hieß nach Reha, Wiedereingliederung und Umzug: Pura Vida! Ich bin für insgesamt drei Monate nach Costa Rica gegangen, davon einmal drei Wochen als Backpackerin durch das ganze Land.
Dabei habe ich Land und Leute lieben gelernt, vor allem einen Ort an der Karibischen Küste. Deshalb hatte ich mich entschieden etwas länger dort zu bleiben und das Leben zu genießen.
Meine zweite Reha habe ich im Sommer 2023 in der gleichen Klinik wie 2022 durchgeführt und es war wieder eine wundervolle Zeit.
Behandlungsmäßig habe ich im März 2023 noch die Antikörper-Therapie erfolgreich abgeschlossen und die Klinik hat mir einen Termin zur Port-Explantation gegeben. Das Schicksal hat auch hier mal wieder die Karten gemischt und es war nach dem 01. Juli 2021 wieder ein bemerkenswertes Datum. Der 12. Juli läutet das Ende der (Familien-)Ära Onkologie ein. 2005 ist meine Schwester an dem Tag verstorben, 2021 wurde meine Mutter beigesetzt und 2023 wurde bei mir der Port explantiert.
Am 12. Juli 2023 endete mein erstes Leben und nun ist mein zweites Leben gestartet. Wenn man mit Flugkraft auf Reisen geht und sich mit Wurzeln auf den Rückweg macht, die Flügel weiter wachsen, dann ist das alles Pura Vida.
