
Ich möchte euch mit meiner Geschichte zeigen, dass Brustkrebs kein Alter kennt. Ich bin euer friendly reminder zur Vorsorge zu gehen, damit euch mein Weg vielleicht erspart bleibt. Sprecht mit euren Ärzten und seid hartnäckig, wenn euch etwas suspekt erscheint, denn ihr kennt euch selbst am Besten. Leider wurde ich von meinem Arzt wieder nach Hause geschickt. So jung wäre Brustkrebs eher selten. Das sollte sich als Fehleinschätzung herausstellen.
Als ich Ende 2018 mit 31 Jahren mit meinem Freund in das gemeinsame frisch gebaute Haus zog, glaubte ich, am Anfang eines neuen, glücklichen Kapitels zu stehen. Doch das Leben hatte andere Pläne. Ich erhielt im Frühjahr 2019 die Diagnose Brustkrebs und saß plötzlich in grell beleuchteten Arztzimmern, führte nüchterne Gespräche über Behandlungsmöglichkeiten und Überlebenschancen. Ich verlor was bis dahin selbstverständlich war: Beide Brüste und mit der Chemotherapie auch meine Haare. Jeder Tag wurde zu einer neuen Herausforderung. Mit Abschluss der Akut-Therapie 2020 kam nicht die langersehnte Normalität zurück, sondern Corona. Die Pandemie überlagerte alles, was ich fühlte: meine Trauer, meine Ängste, meinen Heilungsprozess – alles blieb leise, während draußen nur noch über das Virus gesprochen wurde. Als ich dachte den schlimmsten Sturm überstanden und das normale Leben zurückgewonnen zu haben, klopfte der Krebs 2023 erneut an – noch dreister, noch unverschämter. Obwohl ich keine Brüste mehr hatte, entwickelte sich trotzdem unter laufender Antihormontherapie ein schnellwachsendes Rezidiv. Ich kannte das Spiel. Fremdbestimmt drehte sich mein Leben nun wieder um Blutwerte und Therapiemöglichkeiten. Und wieder verlor ich etwas scheinbar Selbstverständliches: meine Eierstöcke. Da ich aufgrund meiner BRCA Mutation auch ein hohes Risiko habe, an Eierstockkrebs zu erkranken, wurden sie mir nach dem Brustkrebsrezidiv vorsorglich entfernt. Mir blieb ein Körper, der sich fremd anfühlte. Eine hormonelle Leere – abrupt, wie ein Vorhang, der fiel.
Und dennoch: Ich lebe – nicht wie früher, sondern ängstlicher und mutiger zugleich. Ich habe mehr verloren als man mit bloßem Auge sehen kann. Aber es hat mich auch gelehrt, wie wertvoll jeder Augenblick ist. Die Krankheit nahm mir Teile meiner Weiblichkeit, offenbarte mir aber auch meine wahre Stärke. Es gibt kein Zurück, aber es gibt immer ein Weiter. Ich habe letztes Jahr geheiratet und genieße das Reisen. Eine schwere Erkrankung nimmt einem jede Kontrolle – und doch hat man so vieles selbst in der Hand. Zum Beispiel, wie man damit umgeht.
Während meiner Chemo 2019 sind z.B. im Rahmen eines Fotoshootings bei ›Recover Your Smile‹ drei der Bilder entstanden. Mithilfe von Kostümen und professionellem Make-up durfte ich mich so darstellen, wie ich dem Krebs damals (wie heute) begegnen will: ü b e r l e g e n. Lasst euch ebenfalls nicht entmutigen, auch nicht von Aussagen eures Umfelds.
Ich möchte mit meiner Geschichte nämlich auch Nichtbetroffene bezüglich Äußerungen zu bestimmten Themen sensibilisieren. Ich fand es immer schon übergriffig, wenn man Frauen ab einem gewissen Alter ganz selbstverständlich auf die Familienplanung anspricht. So auch bei mir. Wir hatten gerade unser Haus gebaut, und so blieben die Fragen nach Nachwuchs nicht aus. Aber seid vorsichtig: Erstens ist es nicht jederfraus Plan und zweitens ist es nicht jeder Frau möglich. Gerade mit einer Krebserkrankungen muss man manchmal schmerzhafte Entscheidungen hinsichtlich der Familienplanung und für die eigene Gesundheit treffen und kann schlichtweg mit der Behandlung nicht warten. Ich würde mir für alle Frauen, mit oder ohne Vorerkrankung, wünschen, dass sie sich nicht zu dem Thema rechtfertigen müssen, damit sie nicht mehr aus Unbedarftheit oder reiner Neugierde verletzt werden.
Damit einher gehen auch manchmal Aussagen, dass Chemo und Medikamente einem wie Gift erscheinen. Dazu habe ich mal ein schönes Zitat gelesen: Ja, es ist ein Gift. Aber auf Englisch heißt gift auch Geschenk.
