
»Im Sommer und Herbst 2023 war ich voll und ganz mit meiner Bachelorarbeit und den letzten mündlichen Prüfungen beschäftigt. Nebenbei absolvierte ich ein Praktikum, und im November begann ich ein Traineeprogramm. Ich dachte immer, dass all das der Grund für meine ständige Erschöpfung, die Kopfschmerzen und das gelegentliche Erbrechen sei. Da ich Zöliakie habe, vermutete ich auch, dass es mit Gluten zu tun haben könnte.
Doch ab Januar 2024 wurde alles schlimmer. Egal, was ich tat – die Kopfschmerzen und der Schwindel wollten einfach nicht weggehen. Am 29. Mai, einem Feiertag, ging ich mit meinem Partner in der Stadt essen. Auf dem Rückweg, während ich fuhr, wurde alles noch schlimmer. Ich konnte zwar sehen, aber mein Blickfeld war merkwürdig verzerrt, und ich musste mich zweimal übergeben – beim Autofahren. Ich dachte wieder, es läge am Gluten. Zuhause legte ich mich erst einmal hin. Als ich wieder aufwachte, ging es mir kurz besser, also rief ich meine Mutter an. Doch schon nach wenigen Minuten wurde alles plötzlich schlimmer. Das Einzige, was ich noch sagen konnte, war: ›Ich kann nicht.‹ Meine Mutter verstand sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie rief meinen Partner an, und dieser verständigte sofort den Notruf. Ich wurde mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht, doch dort fand man zunächst nichts.
Ich vereinbarte dann einen Termin bei meiner Hausärztin. Sie hatte ein ungutes Gefühl und schickte mich sofort zum MRT. Und dort lernte ich Mango kennen – meinen Gehirntumor. Ich wurde direkt in ein spezialisiertes Krankenhaus überwiesen, wo viele Untersuchungen durchgeführt wurden. Am 19. Juni 2024 wurde ich operiert. Ab da begann meine Reise mit der Bestrahlung und Chemotherapie. Seit dem 29. Oktober 2024 trage ich zusätzlich die Optune-Therapie.
Was das ist? Optune ist eine spezielle medizinische Therapie für Menschen mit einem Glioblastom. Es ist ein Gerät, das aus mehreren Elektroden besteht, die auf der Kopfhaut getragen werden. Diese Elektroden sind mit einem kleinen tragbaren Gerät verbunden, das sogenannte Tumor Treating Fields (TTFields) erzeugt. Diese Felder stören die Teilung der Tumorzellen und helfen so, das Tumorwachstum zu verlangsamen.
Ich trage das Gerät fast den ganzen Tag. Viermal pro Woche mache ich sechs Stunden Pause – wegen Volleyball und Fitnessstudio – und es ist Teil meines Lebens geworden. Am Anfang war es ungewohnt und technisch kompliziert, aber inzwischen sehe ich es als meinen täglichen Begleiter im Kampf gegen den ›Mango‹, wie ich meinen Tumor nenne. Ich versuche, jeden Tag so gut wie möglich zu nutzen. Ob beim Volleyballtraining oder beim Joggen – mein persönlicher Rekord liegt bei fünfzehn Kilometern – ich gebe mein Bestes, auch wenn ich mir inzwischen bewusst mehr Ruhepausen gönne.
Ich habe sogar meine Koreanisch-Kurse wieder aufgenommen, um nichts zu vergessen. Da der Tumor nämlich im Sprachzentrum liegt, hatte ich anfangs einige Probleme beim Sprechen. Aber mit Geduld und Übung wurde es immer besser. Auch mein Masterstudium hilft mir sehr, mich sprachlich und geistig weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass ich begleitend dazu vielleicht eine Werkstudentenstelle bekomme.
Nach der besagten Chemotherapie und Bestrahlung hatte ich eine sehr wertvolle Zeit in der Reha. Dort habe ich viele Menschen kennengelernt, die mich wirklich verstehen konnten – sogar eine sehr sympathische Frau, die ebenfalls Optune trägt.
Auch meine Logopädie-, Ergo- und Physiotherapien haben mir sehr geholfen – nicht nur die Therapien selbst, sondern auch die Menschen, die mich dort begleitet haben.
Im Januar 2025 kam dann der nächste Schreck. Da ich jede Woche zur Blutabnahme musste, bemerkte man sofort, wie niedrig meine Thrombozyten- und Leukozytenwerte waren. Sie waren so niedrig, dass ich sofort zwei Bluttransfusionen und Spritzen bekam und eine ganze Woche im Krankenhaus isoliert wurde.
Ich denke, viele können sich vorstellen, wie schwer das alles ist. Aber für mich war das Schlimmste, dass meine Eltern nicht hier bei mir sein konnten. Sie leben auf Gran Canaria, und meine Mutter wurde selbst gerade operiert und steht unter ärztlicher Kontrolle. Vor Ort konnten mir zum Glück eine liebe Freundin sowie mein Partner so gut es ging beistehen. Neben den lieben Menschen in meinem Umfeld begleiten mich auch meine zwei Katzen auf diesem Weg und geben mir Kraft.
Hinzu kam, dass mein Onkel in diesem Jahr ganz plötzlich verstorben ist. Es war eine der schwersten Erfahrungen für mich, zu lernen, mit dieser Entfernung und dem Verlust umzugehen. Zudem konnten meine Großeltern, die in Leverkusen leben, mir leider nicht helfen, da sie dazu körperlich nicht in der Lage waren. In dieser Zeit wurde mir klar, wie wichtig mir die Nähe zu meiner Familie ist. Ich hatte oft das Gefühl, sie einfach in die Arme schließen zu wollen. Aber diese Erfahrung hat mir auch gezeigt, wie tief meine Liebe zu ihnen ist und wie wichtig diese Verbindung bleibt, selbst wenn man weit voneinander entfernt ist.
So liegt inzwischen bereits ein Jahr hinter mir, geprägt von Krankenhausaufenthalt, Operation, Bestrahlung, Chemotherapie und vielen einschneidenden Ereignissen – schweren, aber auch schönen Momenten. Inzwischen konnte ich dann endlich meine Eltern auf Gran Canaria besuchen und sie nach langer Zeit wieder in die Arme schließen.
Was ich für mich gelernt habe? Alles braucht Zeit, aber wenn man dranbleibt und hart arbeitet, erreicht man seine Ziele. Ich konnte am Anfang nicht einmal richtig den Volleyball halten – und jetzt springe ich sogar beim Aufschlag! Es hat lange gedauert, und es gab viele harte Tage, aber Geduld lohnt sich.
Wie man auf Spanisch sagt: ›La paciencia es amarga, pero su fruto es dulce.‹ – ›Geduld ist bitter, aber ihre Frucht ist süß.🍈‹«
