
Mein Name ist Dave, ich bin 20 Jahre alt und seit vier Jahren in Vollremission.
2020 fing alles an. Ich hatte im Februar plötzlich ein leichtes Ziehen beim Gehen im rechten Bein. Ich dachte mir natürlich nichts Schlimmes – mit 15 ist man schließlich im Wachstum, und die Schmerzen kamen und gingen alle paar Tage. Ein paar Wochen später wurden die Schmerzen nachts spürbar, diesmal im Becken, wie ein leichtes Stechen. Die Schmerzen traten nur auf, wenn ich auf der Seite lag. Ich dachte also, das sei bestimmt nur eine Entzündung oder etwas sei eingeklemmt. Die Schmerzen kamen an manchen Tagen, verschwanden aber auch wieder für einige Zeit. Ich ging also weiter ganz normal zur Schule. An manchen Tagen hatten wir Homeschooling wegen des Lockdowns, aber da wir die Abschlussklasse waren, durften wir vereinzelt zur Schule und draußen Unterricht machen.
Etwa im Juli merkte ich, dass ich mich ab und zu schwach fühlte – wie vor einer Erkältung. Das Gefühl verging auch wieder, aber die Schmerzen im Becken wurden stärker. Ab und zu humpelte ich leicht, vor allem morgens. Dazu kam noch Nachtschweiß. Im Hochsommer denkt man, es sei einfach zu warm, und deswegen schwitzt man so. Es vergingen mehrere Wochen, dann merkte ich plötzlich eine Schwellung im Becken. Ich dachte, es sei schon nichts, und sagte aus unterbewusster Angst niemandem etwas. Ich ging weiter zur Schule, hatte ab und zu Nasenbluten.
Ende Oktober wurden die Schmerzen deutlich schlimmer, und ich sagte endlich etwas. Wir fuhren direkt in die Notaufnahme, und zwei Tage später wurde ein MRT gemacht. Der Verdacht war ein Ewing- oder Osteosarkom. Am selben Tag mussten wir noch ins Sarkomzentrum nach Berlin-Buch fahren. Dort wurden eine Biopsie, ein PET-CT und viele andere Untersuchungen gemacht. Die Diagnose lautete: Ewing-Sarkom in der rechten Beckenschaufel, etwa 16 × 10 × 12 cm groß.
Anfang November bekam ich bereits die erste VIDE-Chemotherapie. Fünf Tage habe ich fast nur geschlafen, 15 Kilo abgenommen, musste mich übergeben – und alles, was dazugehört. Die VIDE-Chemo lief so ab, dass ich nach jedem Block aufgrund von Fieber wieder ins Krankenhaus musste. Beim zweiten Block wurde die Dosis etwas reduziert, und es ging schon etwas besser. Trotzdem blieb das Fieberproblem. Also waren wir immer fünf Tage stationär da für die Chemo, vier bis fünf Tage zu Hause, sechs bis sieben Tage stationär wegen Fieber oder Infekt, eine Woche zu Hause – und wieder für die nächste Chemo stationär. Nach dem fünften VIDE-Block startete zusätzlich die Bestrahlung. Das waren 28 Termine mit einer Gesamtdosis von 52 Gy (*Gray). In der Zeit habe ich die VIDE-Therapie abgeschlossen, und es ging weiter mit der VAI-Chemo bis zur Operation.
Am 27.07.2021 war dann die OP. Es wurde die gesamte rechte Beckenschaufel bis zum Kreuzbein und zur Hüfte entfernt, samt Beckenring, und dafür das Wadenbein eingesetzt. Die OP dauerte etwa fünf Stunden. Danach hatte ich eine Woche Bettruhe. Den Rest der Therapiezeit war ich im Rollstuhl und auf Krücken unterwegs, denn mein rechtes Bein durfte ich über ein halbes Jahr lang nicht belasten. Nach der OP folgten noch zwei VAI-Chemos, und im September kam dann die Hochdosis-Chemotherapie mit Transplantation meiner eigenen Stammzellen (die hatte ich bereits im Februar gesammelt). Ich war drei Wochen in Isolation – aber meine Mama durfte trotzdem zu mir. Sie war an meiner Seite, und wir sind ein unschlagbares Team. Sie hat mir sehr geholfen, alles zu schaffen, und war immer für mich da. Die Hochdosis-Chemo war gleichzeitig der Abschluss der Therapie.
Ich hatte lange Physiotherapie und musste das Laufen neu lernen. Im Mai 2022 durfte ich mein Bein dann endlich wieder vollständig belasten und konnte mit nur einer Krücke laufen. Dann kamen endlich die großen Highlights, die durch Corona verschoben worden waren, sich dadurch aber wie eine Belohnung anfühlten. Eine Belohnung dafür, dass ich es geschafft hatte: Ich durfte Lady Gaga zweimal live sehen – in Düsseldorf und Paris. Bei beiden Konzerten stand ich mit Krücke im Stehbereich, aber das war mir alles egal. Sie und ihre Musik haben mir sehr durch die Therapiezeit geholfen: „Battle for your life.“ Jetzt, 2025, bin ich noch halbjährlich in der Nachsorge, mache eine Ausbildung zum MTR (Medizinischer Technologe für Radiologie) und arbeite teils selbst in der Strahlentherapie, weil mich das alles damals so fasziniert hat. Und ich sehe Lady Gaga im November wieder live.
Was ich noch mitgeben möchte: Hört auf euren Körper. Lasst euch von keinem Arzt abwimmeln – und geht lieber einmal zu oft als einmal zu wenig. Genießt das Leben.
