Argiro

,

54

In dieser Geschichte erzählt Argiro, wie sie es schafft, dem Krebs immer wieder die Stirn zu bieten. Denn der hat schon mehrmals bei ihr angeklopft. Woher sie ihre Kraft nimmt, wie sie mit Rückschlägen umgeht und warum es so wichtig ist, auf das eigene Körpergefühl zu hören, davon berichtet sie uns heute.

Ich heiße Argiro und habe zwei Söhne und zwei Enkelkinder. Im Jahr 2008 erhielt ich die Diagnose hormonell bedingtes Mammakarzinom rechts, worauf eine Mastektomie und eine Therapie folgten. 2017 fand man ein erneutes Karzinom auf der rechten Seite, diesmal triple-negativ. Wieder folgte eine OP und eine daran anschließende Therapie. Einige Jahre ging alles gut, bis es mir 2024 schon einige Zeit nicht gut ging. Trotz meiner Vorgeschichte nahm mich aber kein Arzt ernst. Man wies mich immer wieder ab mit der Aussage: ›Sie arbeiten zu viel!‹.

Erst als meine Oberärztin (ich bin selbst Pflegefachkraft und arbeite in einem Krankenhaus) sich als Hausärztin selbstständig machte und mich zu einem Knochenzintigramm und MRT schickte, kam der Riesenschock: bereits 6 cm große Metastasen im Sternum (Brustbein), weitere im Weichteilgewebe und an den Rippen! Nach dem Schock schloss ich mit dem Leben ab. Schließlich wusste ich, dass Metastasen in den Knochen oft tödlich enden, und verdammt, dreimal hintereinander Krebs, wer glaubt dann noch an so viel Glück, das Ganze nochmal zu überleben? Wahrscheinlich die wenigsten. Und ich erst recht nicht. Auch das Zwischenmenschliche in unserer Beziehung änderte sich.

Ich zog daraufhin zu meiner ebenfalls schwer kranken Mutter. Dank meiner Kinder und meiner Arbeitskollegin Carina, die mittlerweile zu einer Freundin und Seelenverwandten geworden ist, kam ich aus meiner Resignation heraus und nahm den Kampf auch diesmal wieder auf. Alle machten mir jeden Tag Mut und schenkten mir die nötige Kraft mit ihren Taten und Worten. Was folgte war eine harte Systemtherapie mit einem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (Antikörper plus Chemo). Meine Abwehrkräfte waren nach den zwei vorherigen Erkrankungen nicht mehr wirklich vorhanden und ich kämpfte mich dank meines Umfelds durch die Therapie. Im Februar 2025 wurde mir dann nach dem Staging verkündet, dass es in den Rippen und dem Weichteilgewebe keinen Nachweis mehr für aktive Tumorzellen gab. Im CT war nichts mehr zu sehen. Juchu, was für ein Erfolg! Aber dann die schlechte Nachricht. Bei der Metastase im Brustbein hatte sich leider gar nichts getan. Der Knochen war lediglich sklerosiert, also verhärtet. Ich war schockiert, denn die Ärzte stuften mich weiterhin als Palliativpatientin ein. Berufsbedingt weiß ich, dass dieses Wort nicht immer den Tod bedeuten muss, aber trotzdem, es macht was mit einem.

No items found.

Wieder verfiel ich in starke Depressionen. Aber dann kam unerwartet die große Chance! Es fand sich ein Ärzteteam, das mir vorschlug, durch die Entfernung des Brustbeins metastasenfrei zu werden. Diese OP findet in Deutschland aber nur sehr selten statt. Gestärkt durch den Zuspruch meiner Freundin Carina und meiner Kinder willigte ich ein. In einer neunstündigen Operation entfernten mir Thorax- und plastische Chirurgen das komplette Sternum inklusive der Sternoklavikulargelenke (diese Gelenke verbinden den Schultergürtel mit dem Brustbein) und Rippenbogenanteile und ersetzten alles durch ein entsprechendes Implantat. Die Silikonkissen nach dem früheren Brustaufbau mussten natürlich auch entfernt werden, da sie eine große Infektionsgefahr bedeuteten.

Glücklicherweise bin ich aus dieser OP wieder aufgewacht. Zwar folgte am zweiten Tag eine Lungenentzündung, aber es wurde trotzdem Tag für Tag besser. Nun habe ich riesige Narben am Körper, nur noch eine Brust und dennoch bin ich glücklich. Denn ich lebe ohne Metastasen weiter. Damit das so bleibt, bleibe ich lebenslang in Therapie, aber auch das will ich in Angriff nehmen. Ich würde alles dafür geben, dass ich frei von Metastasen bleibe. Denn ich lasse mich von dem Krebs nicht unterkriegen. Ich möchte meinen Kindern, Enkeln, meiner Mutter und meiner Seelenverwandten Carina (ohne sie hätte ich diesen Weg nicht geschafft) das zurückgeben können, was sie verdient haben. Nämlich unendliche Dankbarkeit, weil sie immer an mich geglaubt haben und mir durch ihre Liebe so viel Kraft geschenkt haben.

Ich kann nur jedem raten, immer auf seinen Körper zu hören. Sich bei Ärzten nicht abwimmeln zu lassen. Hartnäckig zu bleiben, sich zu informieren und immer mehrere Empfehlungen und Meinungen anzuhören. Man sollte niemals den Mut verlieren und sich von allem, was negativ ist, trennen, dabei aber immer positiv bleiben und den Kampf mit dem Krebs aufnehmen. Mit der heutigen Schulmedizin und einer gehörigen Portion Selbstliebe, Kraft und Mut schafft es unser Körper, dem Krebs die Stirn zu bieten und ihn zu bekämpfen. ›Egal, wievielte Mal es ist.‹

›Palliativ‹ bleibe ich trotzdem, für mich heißt es aber ›chronisch krank leben‹ und zwar mit Hoffnung, Würde und Lebensfreude!«

Name
Argiro
Website
Interviewt von
Erzählt am
13.11.2025
Verstorben am

Schau mal, diese Geschichten könnten dir auch gefallen.

Patient:in
Magenkrebs
Frank
,
58
Patient:in
Hodgkin-Lymphom
Sofia
,
26
Patient:in
Ewing-Sarkom
Dave
,
20
Patient:in
Gebärmutterkörperkrebs
Anja
,
52
Patient:in
Brustkrebs
Argiro
,
54
Patient:in
Hirntumor
Astrozytom
Ajla
,
19
Patient:in
Brustkrebs
Judith
,
38
Patient:in
Glioblastom
Sanne
,
25
Patient:in
Darmkrebs
Rebekka
,
30
Patient:in
Neuroendokriner Tumor
David
,
28
Patient:in
Vulvakrebs
Melanie
,
38
Patient:in
Hodgkin-Lymphom
Cordula
,
44
Patient:in
Brustkrebs
Claudia
,
44
Patient:in
Hautkrebs
Stefan
,
42
Patient:in
Hirntumor
Celina
,
20
Patient:in
Nasenrachenkrebs
Nathalie
,
34
Illustration eines rosa Sparschweinchens

Hilf uns beim Helfen! Mit deiner Spende.

Damit wir auch zukünftig weiter Geschichten von Patient:innen und Angehörigen erzählen können, sind wir auch deine Spende angewiesen.

Hilf uns beim Helfen! Mit deiner Spende.

Logo PayPal.
Mit PayPal spenden
Logo Betterplace.
Mit Betterplace spenden

Per Überweisung

IBAN DE11 8306 5408 0004 2983 06
BIC GENODEF1SLR
Bank Deutsche Skatbank
IBAN kopieren